Fishbowl: Keine Annäherung zwischen den Kontrahenten beim EU- Urheberrecht
Bonn 05.04.2019:
Am Schlußtag des WE MEP ist es im Bonner Ratssaal zum Showdown gekommen. Die Kontrahenten bei der Fishbowldiskussion waren Axel Voss MdEP und Julia Reda MdEP. Axel Voss ist in den vergangenen Monaten durch seinen „Voss-Bericht“ weit über das Europäische Parlament bekannt geworden. Darin geht es um die neue Urheberrechtsrichtlinie der EU. Das Stichwort, dass die Gemüter erhitzt, in dem Bericht aber überhaupt nicht vorkommt, heißt „Uploadfilter“. Viele sehen in diesen Filtern die einzige Möglichkeit für Internet-Plattformen wie Facebook, Youtube oder Instagram, Inhalte ohne Lizenz von solchen mit Lizenzen auseinanderzuhalten. Denn das ist eine der Forderungen der Richtlinie. In Artikel 13 der umstrittenen Reform ist jetzt geregelt, dass viele der Plattformen, auf denen Nutzer Content hochladen können, zukünftig für Urheberrechtsverletzungen durch ihre Nutzer haften sollen. Eine der größten Kritikerinnen dieser Reform des Urheberrechts ist die Europaabgeordnete Julia Reda. Für Spannung war also ausreichend gesorgt, zumal 100 weitere Jugendliche im Saal, für die dieses Thema überaus bedeutsam ist, die Chance nutzen wollten, um ihren Unmut über die beschlossene Reform auszudrücken. Denn sie sind in der überwiegenden Mehrheit der Meinung, dass die Stimmen hunderttausender junger EU-Bürger, die in den vergangenen Wochen auf der Strasse und in Petitionen gegen die Reform demonstriert haben, ignoriert und an einer ganzen Generation vorbei die Reform beschlossen wurde.
Diesen Vorwurf, so wie viele weiteren Kritikpunkte, ließ Axel Voss allerdings nicht gelten. Die Jugendlichen würden viel mehr von dem neuen Urheberrecht profitieren. Es werde sich kaum etwas für sie und ihre Aktivitäten im Internet ändern. Vielmehr hätten sie jetzt Rechtssicherheit, die bisher nicht bestand. Auch die von 5 Mio. EU-Bürgern unterzeichnete Petition ließ er nicht gelten, hätte sich diese doch auf einen Entwurf der Richtlinie bezogen, die aber inzwischen in vielen Teilen überarbeitet worden sei.
Reda und Voss lieferten sich einen klugen Schlagabtausch, an dem sich zahlreiche Delegierte aus allen WE MEP-Ländern, die Präsidenten und Moderatorinnen lebhaft beteiligten. Doch egal ob es um Uploadfilter, um Memes oder allgemein um Netzkultur ging. Voss ließ jede Kritik an sich abprallen. Er forderte die Jugendlichen auf, bessere Vorschläge zu unterbreiten, damit Künstler im Internet angemessen vergütet werden können. Aber hier drehte sich die Diskussion dann leider oft im Kreis, da die Kritik und die Ideen der Jugendlichen und Julia Reda von Axel Voss nicht als konstruktiv angesehen wurden. Obwohl sich alle Beteiligten redlich mühten, konstruktiv zu sein und alle Punkte in 90 Minuten mehrmals angesprochen wurden. Am Ende ergab das Gefühl und eine Umfrage unter den Jugendlichen, dass sie ihre Meinung zur Urheberrechtsreform nicht geändert hatten. Aber die Wut und das Unverständnis ging nach dem Ende der offiziellen Diskussion weiter. Voss wurde regelrecht umlagert und mit weiteren Argumenten der Jugendlichen gelöchert.
Vieles in der Richtlinie scheint nicht ausgereift, vieles erscheint schwammig, technische Lösungen im Bereich „Uplaodfilter“ sind bisher nicht wirklich vorhanden, sind die jetzigen Filter doch anfällig für Fehlinterpretationen der Inhalte. Julia Reda lieferte hier eine ganze Reihe von anschaulichen Beispielen.
Fazit: Es war eine überaus lebhafte Diskussion, an der sich rund 20 Jugendliche aus praktischen allen Ländern beteiligten haben und die von Präsidentin Ines und CP Julia sehr übersichtlich geleitet wurde. Eine Annäherung zwischen den Positionen hat es aber leider kaum gegeben. Die Fronten sind weiter verhärtet. Am Ende bleibt zu hoffen, dass Axel Voss Recht behält und sich für die Nutzer nichts ändern werde. Allein – bei den Jugendlichen fehlt der Glaube daran. Fest steht aber auch – das Europaparlament hat eine echte Machtposition in den Verhandlungen. Es ist ein echter Mit-Gesetzgeber in der EU, unabhängig davon, ob einem das Ergebnis gefällt oder nicht. Um seinen Unmut über politische Entscheidungen Ausdruck zu verleihen, gibt es neben Demos, Fishbowl und Petitionen auch noch die Wahlurne.