Raus aus der Komfortzone, r(h)ein ins Vergnügen – Ein alternativer Blick auf das WEMEP
Bonn-Koblenz 10.4.2019: Brexit, Friday for Future, Gelbe Westen – beim WE MEP ging es nicht nur um die fünf Resolutionen. Das Projekt stand auch im Zeichen der aktuellen europäischen Politik. Aber hatten die jungen Europäer wirklich den ganzen Tag nur ernsthafte Politik im Kopf ? Auf den ersten Blick mag das so sein, drehten sich doch auch viele Diskussionen am Rande um Greta Thunberg, John Bercow oder Emmanuel Macron. Schaut man allerdings tiefer und begleitet das Projekt in allen seinen Phasen, dann wird das MEP-Bild vielschichtiger. Der Spaßfaktor ist ein wesentliches Element – immer wieder gerne von den Committee-Presidents vor allem in ihrer abschließenden Fun-Resolution dokumentiert. Doch dieses Jahr konnten die Delegierten locker mithalten. Da war u.a. der interne Bunte-Socken-Contest zwischen Flamingos, Maikäfern, Brokkoli und Kakteen. Ein Sieger konnte aber nicht ermittelt werden.
„Auch wer z.B. am Mittwoch durch Koblenz gelaufen ist, der ist an zahlreichen Stellen rund um das Campusgelände zwischen Hilda-, Eichendorff- und Max-Laue-Gymnasium auf Kreidezeichnungen in englischer Sprache gestoßen: „This is our EU“, „#makeyourchoice“ oder „#thistimeimvoting“. Oder auch UK-„We want to stay!“ Diese spontane Aktion wurde vor allem von den Englischen, Luxemburger und Französischen Delegierten angestoßen. Am Ende haben aber fast alle Delegationen mitgemacht. Leider fing es 2 Stunden später an zu regnen, und die Botschaften des WEMEP an die Koblenzer Bürgerinnen und Bürger wurden hinweggespühlt.
Ihre Comfortzone mussten die 100 Delegierten dann jedoch spätestens am Cultural Evening verlassen – ein guter Weg um sich wirklich von der harten und anstrengenden Ausschussarbeit abzulenken. Auf der Bühne des Eichendorff-Gymnasiums ging es dabei um die originelle Vorstellung des eigenen Landes. Es stand jeder Delegation frei, sich auf ihre eigene nationale Art zu „blamieren“: Deutschland hatte Losglück und durfte sich als erstes in Szene setzen, im Repertoire das Fliegerlied – ein Klassiker der Mitsing-Lieder – bekannt aus Kindergarten und Grundschule. Und tatsächlich – alle anderen neun Delegationen stimmten ein ins fröhliche Singen, Hüpfen und Schwimmen. Aber auch die anderen Delegationen motivierten die Zuschauer zu ungeahnten Aktivitäten: Die Schweden mit einer ABBA-Mama Mia Einlage, die Iren und die Belgier mit Folklore-Tänzen und die Briten mit einem Liverpooler Dialekt Quiz – genannt Scouce. Die Niederländer präsentierten sich durch eine Sackhüpf-Einlage, die Luxemburger mit einer Junker-Parodie , die Norweger mit einer alternativen Version ihrer Nationalhymne und die Französinnen mit dem Versuch, „Oh Champs Élysee“ zu performen – aber wenn man nur den Refrain beherrscht, kann der Auftritt natürlich nur bedingt erfolgreich sein. Und die Dänen? Ich habe es vergessen…Gab es einen Sieger? Nicht wirklich – immerhin haben sich alle redlich bemüht und dem Motto der EU „In Vielfalt geeint“ wieder alle Ehre gemacht.
Und dann war da natürlich noch die fünfstündige Rückfahrt auf dem Ausflugsschiff den Rhein hinauf von Bonn nach Koblenz. Anfangs war nicht wirklich klar, wie die Zeit herumgehen soll. Erste zögerliche Versuche, beim Ketchup-Song mitzutanzen, endeten abrupt, als das Buffet eröffnet wurde. Dann ging es aufs Deck, um vor herrlicher Kulisse mit Drachenfels und der Brücke von Remagen die Delegations – und Ausschussfotos aufzunehmen. Eine Stunde vor dem Deutschen Eck hatte der DJ dann die Idee, Mama Mia aufzulegen, und ab dem Moment war kein Halten mehr. Egal ob Queen, die Village People oder Eurythmics – die größten Hits der 70er und 80er Jahre waren genau das Richtige, um den west- und nordeuropäischen Tanz-Geschmack zu treffen.
Wie der Abend zu Ende ging? Das muss hier offen bleiben, denn als das Schiff gegen 22 Uhr an der Koblenzer Rheinpromenade angelegt hatte, wurden die Delegationen – wie von Geisterhand – von den Lichtern der Großstadt verschluckt. Wir vermuten einmal, dass viele neue Whats-App-Gruppen gegründet und Instagram Accounts ausgetauscht wurden. Um den Brexit ging es aber sicher nicht.