Soviel Europa wie nur irgend möglich – Michael Müllers Bekenntnisse im Fischglas
Berlin 07.03.2018: Eines muß man Herrn Müller lassen: er ist ehrlich und tut nicht so, als hätte er auf alle Fragen eine richtige Antwort. So könnte man unser Gespräch in Fischglas mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin zusammenfassen. Und eine zweite Erkenntnis: Müller liegt nicht in allen Punkten auf einer Linie mit der Mehrheit seiner Partei SPD. Stichwort Cannabis: Ja er glaube, dass die Legalisierung bald kommen werde, aber er halte die Gefahr von Cannabis als Einstiegsdroge für zu hoch, als dass eine Freigabe gerechtfertigt sei. Thema G8/G9: Es müsse mehr Möglichkeiten und mehr Flexibilität für junge Menschen geben als den schnellsten Weg zum Abitur. Stichwort Wahlalter ab 16: Die SPD habe das zwar in ihrem Programm, aber nicht alle Länder hätten die gleiche Position. Man müsse sich aber nicht besoffen reden, so Müller wörtlich, und die Absenkung des Wahlalters zum Allheilmittel gegen Politikverdrossenheit erklären. Er halte den Wunsch aber immerhin für nachvollziehbar und mittelfristig umsetzbar.
Auf einige Fragen wollte Michael Müller nur sehr zögerlich antworten. Denn es gäbe einfach Themen, so Müller, von denen er spontan keine Ahnung hätte und sich erst bei Experten informieren müsse. Dazu zähle beispielsweise das Thema, ob fleischlose Ernährung helfen würde, den Klimawandel zu stoppen: Er stelle zwar fest, dass um ihn herum in seinem Büro viele zu Vegetariern würden und er oft der einzige sei, der noch gerne eine Bulette esse. Auch sei er kein Fan von Twitter. Man sollte manchmal lieber länger nachdenken als spontan der Welt seine Bauchgefühl preiszugeben, wie es andere Politiker täten. Und auch was spezielle Europathemen betreffe, so sein Bekenntnis, hätte er oft Beratungsbedarf. Aber zu Europa hat er auch klare Grundsätze: Sein größter Wunsch für Europa sei es, das es so erhalten bleibe, wie wir es kennen, denn es werde zur Zeit von vielen Seiten, vor allen von nationalen Strömungen, angegriffen. Und auf die Frage, wie er zur gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik stehe, gab er das klare Aussage: „Wir müssen in Europa, wenn wir die Chance dazu haben, soweit es irgend geht zusammenarbeiten, egal auf welchem Feld“. Ein schönes Schlussstatement zu einer Diskussion, die anfangs sehr stark auf Berlin konzentriert war, dann aber ein breites Themenspektrum abdecken konnte. Das Fischglas hat sich wieder einmal aus ausgezeichnetes Format erwiesen, um sich mit Politkern auf Augenhöhe auszutauschen.