Europa-Erste Wahl (Christopher Lucht)
Berlin 16. März 2024:
Eine Woche lang in die Rolle von Politikern schlüpfen. Eine Woche lang Gesetze entwerfen und diese dann in einer Plenarsitzung diskutieren und am Ende darüber abstimmen. Sich eine Woche lang intensiv mit zentralen Fragen der europäischen Politik beschäftigen und dafür Lösungen suchen. Wann haben Schülerinnen und Schüler schon mal die Gelegenheit, dies zu erleben? In dem bundesweiten Planspiel „Modell Europa Parlament“ wird ihnen diese Möglichkeit geboten. Und mitten drin: 160 Jugendliche. Alle machten sie sich nach Berlin auf, um dort gemeinsam mit Jugendlichen aus allen 16 Bundeländern und aus Luxemburg, Österreich, Tschechien und Belgien über die Rolle der Künstlichen Intelligenz, die Problematik des Nahost-Konfliktes, die Energiewende oder die Integration sozial benachteiligter Jugendlicher aus Sicht der Europäischen Union zu diskutieren.
In acht Ausschüssen erarbeiteten die „EU-Parlamentarier“ Resolutionen zu acht aktuellen Themen der europäischen Politik, in denen sie ihre Lösungsvorschläge präsentierten. Danach wurden diese Resolutionen in einer zweitägigen Plenarsitzung diskutiert und es wurde um die besten Lösungen gerungen. Einige „Gesetzentwürfe“ wurden dann nach kontroverser Diskussion vom Parlament abgelehnt, andere wurden angenommen. Auch diese Erfahrung gehört zum parlamentarischen Leben dazu. Das Planspiel Modell Europa Parlament hat einige Besonderheiten, die es für die Beteiligten zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. So tagen die Ausschüsse z.B. in verschiedenen Landesvertretungen in Berlin und die Plenarsitzung findet an dem Ort statt, wo sonst die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ihre Rolle im Gesetzgebungsverfahren des Bundes wahrnehmen, nämlich im Plenarsaal des Bundesrates. Dort nehmen die Jugendlichen auf den Plätzen ihrer Landesregierungen Platz oder halten Reden am Rednerpult, das sie sonst nur aus der politischen Berichterstattung im Fernsehen kennen. Vor 200 Zuhörern im vollbesetzten Bundesrat eine Rede zu halten, ist schon etwas Besonderes. Außerdem vertritt jedes Bundesland im Planspiel ein Mitgliedsland der EU, um auch die Ländervielfalt zu repräsentieren.
Das hohe Ansehen, das die Parlamentssimulation in der Bundeshauptstadt genießt, wird auch daran deutlich, dass sehr viele „echte“ Politiker sich Zeit nehmen, mit den Jugendlichen zu diskutieren. So stellte sich z.B. der Vorsitzende des Bundestags-Europaausschusses, Anton Hofreiter, den Fragen der Teilnehmer, ebenso wie die amtierende Bundesratspräsidentin und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Bei der Eröffnung des Planspiels in der Landesvertretung von Mecklenburg-Vorpommern wurde die Schülerinnen und Schüler von Europaministerin Bettina Martin und der stellvertretenden Regierungssprecherin der Bundesregierung, Christiane Hoffmann, begrüßt. Mehrmals hatten die Jugendlichen auch die Möglichkeit, mit der saarländischen Bundestagsabgeordneten Emily Vontz zu sprechen. Sie hat selbst vor einigen Jahren an dem Planspiel teilgenommen und ist seither dem MEP eng verbunden. Seit dem letzten Jahr ist sie auch Vorsitzende des Trägervereins des „Modell Europa Parlament“. In dieser Funktion hielt sie auch eine Festrede, da das Projekt in diesem Jahr 25 Jahre alt wurde und dieser Anlass in einer feierlichen Veranstaltung begangen wurde. Einige Schüler hatten auch die Gelegenheit, sich den Arbeitsplatz von Emily Vontz vor Ort anzuschauen, denn sie wurden von ihr zu einer Tour durch den Bundestag eingeladen. So konnten die Jugendlichen hautnah erleben, wie Politik gemacht wird, und dabei Erfahrungen sammeln, die sie im normalen Schulalltag so nicht machen können.
Alle Politiker äußerten die Hoffnung, dass sie sich auch weiterhin im politischen oder gesellschaftlichen Umfeld engagieren und so zu „Botschaftern Europas“ werden. Alle verwiesen auch darauf, dass bei der Europawahl am 9. Juni in Deutschland schon 16-Jährige wählen dürfen und dass man auch in seinem persönlichen Umfeld für eine Beteiligung an dieser Wahl werben soll, gemäß dem Motto des diesjährigen MEP: „Europa Erste Wahl!“.
Zudem wird das MEP 2024 von Erasmusplus gefördert und ist somit Teil eines europaweiten Netzwerkes von Partizipationsprojekten. Die Resolutionen gelangen so direkt auf den Tisch der europäischen Jugendminister. In diesem Jahr sind sie besonders am Thema Inklusion interessiert. Außerdem werden rund 20 Jugendliche in den kommenden Monaten Einladungen zu internationalen MEP Sitzungen erhalten, die im Herbst in Athen und Kopenhagen stattfinden werden. Wir drücken die Daumen für die bevorstehenden europäischen Abenteuer.