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Kalimera – das 60. iMEP in Athen 12.-19.10.2024 (Jonathan Werle)

Athen 20.10.2024:

Ein MEP ist immer eine Ausnahmesituation. Schon am ersten Tag des Schul-MEPs, wenn die Schule ganz ungewohnt im Anzug betreten wird, spürt jede und jeder Delegierte sofort, dass diese Woche nicht so sein wird wie jede andere. Statt Unterrichtsstunden gibt es Ausschusssitzungen und statt Klassenarbeiten eine Plenardebatte, bei der es um harte Realpolitik geht. Allein diese Erfahrung ist von unschätzbarem Wert, doch ein wiederum ganz neues Ausmaß des Phänomens wird beim nationalen MEP in Berlin erreicht. Gemeinsam mit nur etwa acht vertrauten Mitschülerinnen und Mitschülern aus demselben Bundesland trifft man auf über 100 andere politikinteressierte Jugendliche aus ganz Deutschland, und der harte, kräftezehrende Ablauf beginnt von vorn – diesmal nur weit weg von der ursprünglichen Schule, mitten in der Bundeshauptstadt.

Doch spätestens beim Landeanflug auf Athen wird klar, dass dieses internationale MEP erneut alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen wird. Allein schon die karge Landschaft Griechenlands, der Anblick des Mittelmeers und die Temperaturen von über 30 Grad im Oktober wirken, zumindest für die deutsche Wahrnehmung, völlig fremd und neu. Es ist aber gerade dieses Gefühl, diese Mischung aus Verwunderung und Begeisterung, die die Reise vom ersten Moment an zu einem außergewöhnlichen Erlebnis macht. Und damit nicht genug: Die immer freundlichen und zuvorkommenden Gastgeberinnen und Gastgeber geben redliche Mühe, die Stadt in ihrem vollen Glanz zu präsentieren.

Gleich am Sonntag gibt es eine Führung auf der atemberaubenden Akropolis, gefolgt vom Mittagessen im Nationalgarten, der durch seine verwinkelten Wege und die Blütenpracht seiner mediterranen Gewächse besticht. Selbst die ersten Ausschusssitzungen finden nicht in Bürokomplexen, sondern in einer Schule statt, die von Palmen umgeben direkt am Meer liegt. Nach harten, aber erfolgreichen Debatten zu ihren jeweiligen Problemstellungen treffen sich die Ausschüsse wieder gemeinsam zum Essen, um anschließend bei der Culture Night traditionelle griechische Tänze erst zu bestaunen und dann selbst auszuprobieren. Die mitreißende Stimmung macht selbst vor den Lehrkräften nicht halt, darum tanzen alle gemeinsam ausgelassen und lange in die zweite Nacht hinein.

Am Montagmorgen folgt die prunkvolle Eröffnungszeremonie. Die Delegierten, ordnungsgemäß im Dresscode formal gekleidet, nehmen im geräumigen Publikumsbereich des Olympia Municipal Music Theatre „Maria Callas“ Platz, um die Reden und Grußworte der verschiedenen Gäste aus der griechischen und europäischen Politik anzuhören. Selbst ein Roboter richtet eine Videobotschaft an die Teilnehmenden. Die Delegationssprecherinnen und -sprecher jedes Landes stellen ihre Nation in einer kurzen Rede vor und ermöglichen damit einen authentischen Einblick in die kulturelle Diversität Europas. Besonders festlich wird die Veranstaltung durch das Mitwirken des Philharmonic Orchestra of Athens, des Youth Choir of Leonteios School Nea Smyrni sowie einer Sopranistin und eines Tenors der Staatsoper Athen. Sie präsentieren die Weltpremiere einer Komposition von Elena Pavlea, wodurch die kulturelle Komponente einer jeden politischen Veranstaltung jedem Delegierten unweigerlich und auf wunderbare Art ins Gedächtnis gerufen wird. Nach dem Mittagessen werden die Ausschusssitzungen fortgeführt.

Diese nehmen auch den ganzen Dienstag in Anspruch. Eine Resolution zu erarbeiten, die alle Probleme zu Themen wie den EU-US-Beziehungen oder der ökologischen Wende aufzeigt und zudem hochwertige Lösungen bereithält, braucht Zeit. Darum wird am Dienstag stolze acht Stunden lang debattiert, geschrieben und korrigiert, bis letztendlich ein unterstützenswertes Resultat vorliegt. Auch werden die Reden für die anstehende Plenardebatte verteilt und Verteidigungsstrategien besprochen. Abends trifft sich die deutsche Delegation noch mit der ständigen Vertreterin des deutschen Botschafters in Griechenland, die beim Abendessen alle Fragen über die Aufgaben einer Botschaft, aber auch kontroverse Themen wie die Migration beantwortet.

Nach dem sehr kräftezehrenden Dienstag stehen am Mittwoch dankenswerterweise einige Sightseeing-Aktivitäten an. Vorher gibt es noch eine Pressekonferenz, bei der sich Vertreter aus den jeweiligen Ausschüssen den Fragen des Presseteams stellen müssen, sowie Delegationssitzungen, bei denen die verschiedenen Resolutionen besprochen und Verständnisfragen geklärt werden. Beim anschließenden Lobbying versuchen alle Delegierten, die anderen von ihren Verbesserungsvorschlägen zu überzeugen – selbstverständlich geschieht auch das nicht irgendwo, sondern im geschichtsträchtigen Peristyl in Zappeion Megaron. Die Besichtigung des aus Marmor errichteten Stadions, in dem die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet wurden, und einer antiken Ausgrabungsstätte tut den sichtlich erschöpften Teilnehmenden danach ausgesprochen gut.

Am Donnerstag und Freitag steht das große Finale einer jeden MEP-Woche an: die Plenardebatte. Dort wird die Resolution jedes Ausschusses vorgelesen, durch eine unterstützende Rede vorgestellt, durch Änderungsanträge, sofern sich eine Mehrheit dafür findet, abgeändert und anschließend ausführlich diskutiert. Dann folgt die Abstimmung, bei der sich zeigt, ob die harte Arbeit eines Ausschusses unter den anderen Delegierten eine Mehrheit findet. Dieser Ablauf wiederholt sich über zwei Tage verteilt insgesamt zehnmal und wird nur von den Mittagspausen unterbrochen.

Am Donnerstagabend wird zudem noch eine Reise zum außerhalb gelegenen Poseidontempel unternommen, einer antiken Ruine, die am Rand des Kaps Sounio mit spektakulärer Sicht auf die Ägäis errichtet wurde. Schon bald nachdem die Sonne hinter den Gebirgsketten verschwindet, die sich nur als dunkle Silhouette vom roten Abendhimmel abheben, erscheint der helle Vollmond, der die ganze Szenerie in ein nahezu magisches Licht taucht. Mit diesen Eindrücken gehen alle ins Bett.

Am nächsten Abend heißt es dann Abschied nehmen. Damit dieser aber nicht zu schwer fällt, haben die griechischen Gastgeber eine Beachparty organisiert, die eine letzte Chance bietet, um Nummern auszutauschen und so Kontakte in alle Winkel Europas zu knüpfen. Vor der Kulisse des pechschwarzen Mittelmeers essen, singen und tanzen Delegierte sowie Lehrkräfte in den Abend hinein. Damit geht das internationale MEP in Athen zu Ende.

Jonathan Werle

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