Politik ist cool – Twitter ist doof: Die Jugend fühlt Daniel Günther auf den Zahn
Berlin 31.1.2019: Ministerpräsident Daniel Günther macht eine gute Figur. Geschickt beantwortet er die Fragen der jungen MEP-Abgeordneten, die nahezu pausenlos auf ihn einprasselt. Immerhin haben sich 175 Jugendliche im Plenarsaal des Bundesrates versammelt, um dem amtierenden Präsidenten des Bundesrates, und damit der Nummer vier auf der diplomatischen Stufenleiter der Bundesrepublik, auf den politischen Zahn zu fühlen: Warum er sich schon mit jungen Jahren für Politik interessiert habe und in die CDU eingetreten sei? Was er von einem europäischen Bildungsraum halte? Was die Schleswig-Holsteiner Landesregierung noch mehr für den Klimawandel tun könne? Seine Antworten: In seiner Jugend ging es um große Fragen, z.B. wie die Deutsche Einheit gestaltet werden können, das fand er die Antworten der CDU gut und die Leute in der CDU „cool“. Bildungsräume in Europa finde er OK. Man könne sich vernetzen, koordinieren und voneinander lernen. Die Kompetenzen sollten aber bei den Bundesländern verbleiben. Europa sei da zu weit weg von den Problemen der Schulen.
Und im Bereich Umwelt vertrete er grundsätzlich die Auffassung, dass Anreize zu schaffen in der Politik immer besser funktionieren würde als mit Strafen zu drohen. So müsse die Politik beispielsweise dafür sorgen, dass Elektroautos billiger und konkurrenzfähiger würden und ein Flächendeckendes Netz an Ladestationen vorhanden sein müssten. Sie gelte auch für Kreuzfahrtschiffe, die die Umwelt noch enorm belasten würden.
Die Regierung in Schleswig-Holstein tue zudem bereits eine ganze Menge, um den Klimaziele zu erreichen. So werde der Stromverbrauch schon zu 100 Prozent aus Wind- und anderen erneuerbaren Energien gedeckt. Insofern sei jetzt die Frage, was könne jeder Einzelne tun, um Energie zu sparen und so seinen persönlichen CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Die folgende Frage war somit klar: Was er denn tue, um die Umwelt zu schützen? Und hier musste er sich doch schon etwas winden: Leider gäbe es in seinem Amt gewisse Zwänge, denen man sich beugen müsse. So müsse er in Schleswig-Holstein immer mit zwei Dienstlimousinen unterwegs sein, die natürlich auch eine Menge Benzin verbrauchen würden. Allerdings sei er in seinem Privatleben inzwischen fast ganz auf Stoffbeutel umgestiegen. Etwas ins Trudeln kam er dann aber doch noch als eine Berliner Delegierte von ihm wissen wollte, ob er denn nicht als amtierender Bundesratspräsident für Alternativen beim Einsatz von Plastikbechern in seinem Hause sorgen könne. Er versprach, noch heute mit der Leitung des Hauses über Möglichkeiten der Plastik- und Müllreduzierung zu sprechen.
Als letztes großes Themenfeld wurde dann von den Jugendlichen der zunehmende Nationalismus in Europa und der Welt angesprochen. Daniel Günther Grundhaltung dazu lässt sich in etwa so zusammenfassen: Wer einfache Antworten für die großen Probleme der Gesellschaft hätte, der liege immer falsch. Politik sei komplex. Antworten müssten immer aus einem Kompromiss verschiedener Interessen gefunden werden, denn in der Politik gäbe es kein Richtig oder Falsch, sondern es gäbe Meinungen, Überzeugungen und Interessen, die Politik miteinander ausgleichen müsse. Soziale Medien und das Internet hätten auch dazu beigetragen, die politische Debatte in einem unguten Sinne zu polarisieren. Denn bei Twitter oder Facebook fänden keine gesellschaftlichen Debatten statt. Hier würden nur zugespitzte Statements abgegeben. Zudem würden Fake News verbreitet, die von vielen nicht hinterfragt, sondern für die Wahrheit gehalten würden. Er sei überzeugt, dass das persönliche Gespräch mit den Bürgern sehr viel besser geeignet sei, um Politik zu erklären, als das Internet.
Als Fazit der fast 90 Minuten Begegnung zwischen Jugend und Politik: Das Format Fishbowl-Diskussion ist sehr motivierend und offen. Die vielleicht anfangs vorhandene zögerliche Haltung war schnell verflogen und es entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch. Leider kam das Thema Europa etwas kurz. Und im kommenden Jahr können wir dann vor Ort überprüfen, ob Daniel Günther Wort gehalten hat und der Bundesrat seinen Plastikverbrauch reduzieren konnte.